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Stubaital
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Klettersteigwoche in der Pala Gruppe [Erlebnisbericht]

Die Pala Gruppe, auch Pale die San Martino ist die südlichste Dolomitengruppe und auch eine der größten Einzelgruppen. Sie besteht wie die anderen Hauptgruppen auch aus Schlern-Dolomit und verfügt daher insgesamt über sehr griffigen Fels zum Klettern. Im Unterschied zu den meisten anderen Dolomitengruppen fehlt hier die sonst oft anzutreffende zweite Geländeebene (Almwiesen), so dass die Gipfel bereits von den Talorten aus gut zu sehen sind.

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Die zentrale Pale-Gruppe wird bestimmt von einer etwas 50 qm großen felsigen und kargen Hochebene, der Altopiano delle Pale, um den sich die wichtigsten Gipfel gruppieren: ganz im Westen ist dies die Cima di Vezzana die mit 3192 m auch der höchste Gipfel der Gruppe ist, daneben der Cimon della Pala. Der zentrale Gipfel der Gruppe ist der 2967 m hohe Pala di San Martino, nach dem die Gruppe auch benannt ist. Etwas weiter im Südosten finden sich die Zwillingsgipfel Sass Maor und Cima della Madonna, der mit seiner „Schleierkante“ eine der bekanntesten Kletterwände der Dolomiten stellt. Den östlichen Abschluss dieser Hauptgruppe bilden Cima Canali, Cima di Fradusta und Cima di Lastei.

Palagruppe Karte

Den Hauptübergang zur zentralen Pale-Gruppe aus dem Nordwesten bildet der Passo Rolle, der die Pale vom Val di Fiemme mit der darüber liegenden Lagorai-Gruppe trennt. Von hier aus zeigt sich der Cimon della Pala auch von seiner charakteristischen Seite, die ihm den Beinamen „Matterhorn der Dolomiten“ eingetragen hat. Die zentrale Pale-Gruppe ist durch Wege, Klettersteige und Hütten gut erschlossen. Der wichtigste Talort ist San Martino di Castrozza, von wo aus auch die einzige Seilbahn der Region in 2 Stufen bis in die Gipfelregionen führt.

Passo Rolle

Neben der zentralen Pale-Gruppe, die Gegenstand dieses Reiseberichts ist, können noch zwei weitere Untergruppen ausgemacht werden: Im Südosten, getrennt durch das Val de Canali mit der Croda Grande als höchstem Gipfel und nördlich davon, getrennt durch das Val d’Angheraz um den Monte Angèr. Diese beiden Bereiche sind deutlich einsamer und auch weniger mit Wegen erschlossen. Im Bereich der Cima Grande befindet sich der Klettersteig Fiamme Gialle, von dessen Ende sich die Cima Grande besteigen lässt. Auf den Monte Agnèr führt der sehr anspruchsvolle, mühsame und lange Klettersteig Stella Alpina. Diese Steige wurden von mir nicht begangen.

Die Pale die San Martino gehört wie einige andere Dolomitengruppen zum Weltnaturerbe der UNESCO und bildet zusammen mit dem Lagorai den Naturpark Paneveggio Pale die San Martino.

Charakter der Wege und Steige in der zentralen Pale-Gruppe

Die Palegruppe ist weder für Klettersteiggeher noch für Alpinwanderer ein Gebiet für Anfänger. Das Gelände ist größtenteils hochalpin und felsig, das Begehen von schmalen, ausgesetzten Steigen, ungesicherten Felsstufen und ggf. auch vereisten Passagen ist erforderlich (Schwierigkeiten T 3 bis 4/5). Die Schwierigkeiten der Klettersteige sind moderat (heute noch maximal B/C), allerdings sind alle Pale-Steige ausgesprochen ausgesetzt und in Verbindung mit den langen Zu- und Abstiegen in oft schwierigem Gelände sind Touren in der Pale eine anspruchsvolle Sache für die es Erfahrung und Übung braucht. Allerdings verfügt die zentrale Pale über eine ausgezeichnete Hütteninfrastruktur. Wer also gerne auf Hütten übernachtet, kann die Tagesetappen natürlich deutlich verkürzen und eine schöne Durchschreitung der Gruppe machen.

Ausgesprochen positiv kann vermerkt werden, dass der Alpenverein CAI-SAT in den zurückliegenden 2 -3 Jahren alle Pale-Steige neu versichert und damit gegenüber früher auch deutlich entschärft hat. Auch die Markierung von Wegen und Steigen ist überwiegend in einem sehr guten Zustand. Der noch in vielen Berichten beklagte schlechte Zustand der Steige mag manchen davon abgehalten haben, die Pale-Gruppe zu besuchen. Mittlerweile sind die Steige jedoch sicherungstechnisch auf dem neuesten Stand und die Pale-Gruppe ist aus meiner Sicht ein ausgesprochen lohnendes Dolomitenziel. Auch und gerade weil es nicht so überlaufen ist wie andere Dolomitengruppen.

Durch die zentrale Palegruppe: Ferrata del Porton und Ferrata del Velo

Bei dieser Tour handelt es sich um eine der längsten Einzeltouren in der Pale aber gleichzeitig auch um eine phantastische Möglichkeit, einen Eindruck dieser grandiosen Berglandschaft zu erhalten.
Von der Bergstation der Rosetta geht es zunächst über den Passo die Ball zum Rifugio Pradidali. Von dort über die Via Ferrata del Porton und den „Schleierweg“ zur Via Ferrata del Velo, die bis zum Rifugio Velo della Madonna abgestiegen wird. Von hier aus schließt sich der lange Rückweg nach San Martino di Castrozza an. Die Gesamtlänge der Tour beträgt ca. 17 km bei 1000 hm Aufstieg und knapp 2200 hm Abstieg.

Gesamtstrecke: 17045 m
Maximale Höhe: 2627 m
Minimale Höhe: 1507 m
Gesamtanstieg: 1455 m
Gesamtabstieg: -2565 m

Die Tour startet an der Bergstation der Rosetta-Bahn auf gut 2600 m. Von hier bietet sich ein beeindruckendes Panorama über die Pale-Hochfläche und die zentralen Gipfel. Die Cima Rosetta (2743 m) lässt sich von hier problemlos besteigen.

Altopiano delle Pale

Unser Weg führt uns zunächst auf kurzer Strecke zum Rifugio Rosetta G. Pedrotti mit der imposanten Cima Corona (2768 m) im Hintergrund. Von hier aus kann das Rifugio Pradidali über den Wanderweg 707/709 in relativ einfacher aber langer Wanderung erreicht werden. Wir wählen jedoch den anspruchsvolleren Weg 702/715 (Dolomitenhöhenweg 2) über den Passo di Ball.
Es geht zunächst auf schmalen und teilweise ausgesetzten aber einfachen Felsenwegen abwärts durch das Val di Roda.

Val di Roda

Es eröffnen sich schöne Blicke auf die Campanile Pradidali, Cima Ball und Cima Val di Roda.

Campanili Pradidali

Bei der Abzweigung halten wir uns rechts und folgen dem Weg 715 (Dolomitenhöhenweg 2). Nach kurzer Strecke folgt ein versicherter Sentiero atrezzato, der auf einem sehr schmalen Felsband verläuft (Schwierigkeit A: eine Sicherung ist nicht unbedingt erforderlich aber empfehlenswert).

Sentiero Passo Ball

Nach den Sicherungen zieht der Weg unschwierig hinauf auf den Passo di Ball. Von hier kann man bereits das Rifugio Pradidali zu Füßen der grandiosen Cima Canali erkennen. In im Passo di Ball zweigt auch die Ferrata Nico Gusella ab, die über die Forcella Stephen ebenfalls zum Rifugio Pradidali führt (Schwierigkeit B, Trittsicherheit v.a. um die Forcella Stephen erforderlich).
Wir überqueren die Scharte jedoch und machen eine Zwischenrast am Rifugio Pradidali (2278 m).

Cima Canali

Kurz auf dem Weg zurück zu einer Schulter zweigt der Weg zur Via Ferrata del Porton ab. Man steigt über rutschiges und unangenehmes Geröll hinunter zum Einstieg in einem unfreundlichen Winkel.
Den Auftakt bildet eine lange Reihe Klammern, die zunehmend senkrecht (max. B/C) nach oben führen.

Via Ferrata Porton Auftakt

Es schließt sich eine ausgesprochen luftige Linksquerung auf schmalen Leisten und Eisenklammern an. Den weiteren Verlauf dieser rasanten Ferrata bilden dann auch Klammernaufschwünge und ausgesetzte Querungen über die man sich langsam und sehr unterhaltsam auf einen felsigen Schluchtwinkel zuarbeitet.

Via Ferrata del Porton Verlauf

Der finale Klammernanstieg erreicht nach Neuversicherung Schwierigkeit B/C, mit ebensolcher Schwierigkeit geht es auf der anderen Seite der Kante wieder hinunter in eine dumpfe, geröllgefüllte Schlucht.

Via Ferrata del Porton Schlüsselstelle

Diese muss unangenehm und auf rutschiger Unterlage aufwärts gequert werden. Man sollte zusehen, dass man die Markierungen nicht aus den Augen verliert, sonst rutscht man in Teufels Küche, außerdem sollte man Tempo machen und diese Schlucht möglichst rasch verlassen, da Beschuss von oben hier nicht auszuschließen ist. Nach mühsamem Aufwärtsarbeiten erreicht man links oben eine senkrechte Wand über die man der Schlucht zunächst auf einer Leiter, dann auf ausgesetzten Klammern rechts der Wand entlang hinauf zur Forcella Porton entsteigt.

Via Ferrata del Porton Ausstieg

Von hier aus zeigt sich der sog. Schleierweg 739 unterhalb der Zwillinge Cima della Madonna und Sass Maor auf dem wir die Tour fortsetzen. Aber zunächst verweilen wir noch kurz in der Scharte und genießen diesen wunderbaren und berühmten Ausblick.

Via Ferrata del Porton Ausblick

Unser Weiterweg führt uns auf dem „Schleierweg“ entlang der Zwillingstürme, dabei kann man auch die Kletterer an der „Schleierkante“ beobachten. Nach einiger Zeit quert der Weg gesichert felsige Platten, bevor die Drahtseile nach unten leiten und den Beginn der Via Ferrata del Velo anzeigen. Durch Rinnen, über Absätze und einige steile Stufen auf Krampen geht es abwechslungsreich, spannend und maximal mittelschwer (B/C) nach unten.

Via Ferrata del Velo Verlauf

Ein Rückblick zum Abstieg zeigt die ausgesprochene Luftigkeit der Route, die man beim Klettern selbst gar nicht so wahrnimmt.

Via Ferrata del Velo Rückblick

Wenig nach dem Ausstieg aus der Ferrata erreichen wir das Rifugio Velo della Madonna auf 2358 m, das wunderschön auf einer grünen Terrasse unterhalb der Cima della Madonna liegt.

Das herrlich gelegene Rifugio Velo

Hier sollte man sich nochmals ordentlich stärken, denn der Rückweg nach San Martino ist lang. Für diese bietet sich der Weg 721 oder 713 an. Beide Abstiege sind mäßig schwierig (T2-3) und überwinden auf gut 5 km etwa 900 hm. 2:30 -3:00 Stunden sollte man für den Rückweg zur Talstation der Seilbahn einplanen. Aber auch dieser Rückweg ist nochmals ausgesprochen spannend und aussichtsreich.

Velo Ausblick

Insgesamt ist diese Tour, wenngleich sehr lang, sicher eine der schönsten Touren in der zentralen Pale, bekommt man doch auf ihr die ganze Vielfalt der Berg- und Geländeformen zu sehen. Kein Schritt ist langweilig und am Ende tun zwar die Füße weh, aber das Herz ist voll.

Der Westen: Auf die Schulter des Cimon della Pala: Ferrata Bolver Lugli

Die Via Ferrata Bolver Lugli wurde entlang einer ehemaligen Kletterführe im III. Schwierigkeitsgrad angelegt und führt auf die Südschulter der Cimon della Pala zum Bivacco Fiamme Gialle auf immerhin 3005 m. Sie gilt machen als einer der schönsten Klettersteige der Dolomiten (kann man das nicht von fast allen sagen?). Auf jeden Fall ist sie lang, steil, ausgesetzt und aussichtsreich. Daran ändert auch die Neuversicherung nichts, wenngleich die Ferrata dadurch etwas einfacher geworden ist. Vor allem ist sie sicherer geworden, insbesondere auf dem langen Schrofenbau, welcher der eigentlichen Ferrata vorgelagert ist und früher kaum gesichert war. Mittlerweile wurden die meisten der am stärksten ausgesetzten Stufen mit Drahtseilen versichert. Man kann darüber unterschiedlicher Ansicht sein. Ich persönlich war für die Versicherungen dankbar, denn es gibt auf dieser Tour noch genügend heikle Stellen im Abstieg, die nicht versichert sind.

Gesamtstrecke: 7484 m
Maximale Höhe: 2926 m
Minimale Höhe: 1959 m
Gesamtanstieg: 1417 m
Gesamtabstieg: -1419 m

Unsere Runde führt uns von der Mittelstation der Seilbahn von San Martino auf dem Col Verde (1965 m) durch die Ferrata Bolver Lugli hinauf zum Bivacco Fiamme Gialle auf 3005m. Der Abstieg erfolgt durch das Val de Cantoni mit Gegenanstieg zum Passo Bettega und von dort wieder hinunter zum Col Verde. Die Gesamtlänge der Tour beträgt knapp 7 km bei 1170 hm Auf- und Abstieg.

Der Zustieg zur Ferrata Bolver Lugli vom Col Verde aus ist mit ca. 45 Minuten kurz, überwindet jedoch auf relativ einfachem Pfad (T2/3) bereits gut 300 hm. Die etwa 600 hm hohe Aufstiegswand, durch die sich der Klettersteig windet, sowie den mächtigen Schrofenvorbau kann man bereits nach kurzer Zeit gut erkennen.

Via Ferrata Bolver Lugli Überblick

Eine Tafel markiert dann den Einstieg der Via Ferrata Bolver Lugi. Diese beginnt zunächst mit besagtem Schrofenvorbau, der einige ungesicherte Kletterstellen im I. Grad aufweist. Die meisten Stufen sind allerdings mittlerweile gesichert. Dadurch ist dieser Vorbau technisch kein großes Problem mehr. Er endet am Wandfuß, wo der eigentliche Steig beginnt.

Steigbeginn der Via Ferrata Bolver-Lugli

Zunächst geht es noch mäßig steil durch Rinnen und über kurze Stufen, bis das Gelände senkrechter wird. Fortan zieht der Steig verwegen und für einen Steig dieser Schwierigkeit ungewöhnlich anhaltend senkrecht nach oben. Die Vertikalpassagen werden hie und da von schönen kleinen Terrassen unterbrochen. Die Schwierigkeiten beim Klettern übersteigen dabei nie B, was vor allem an der guten Griffigkeit der Felsen liegt. Tritte und Griffe sind so ausgeprägt, dass das Seil über weite Strecken nur zur Sicherung benötigt wird. Aufgrund der Steilheit wird die Route mit zunehmender Höhe luftiger und ausgesetzter. Die sich ergebenden atemberaubenden Tiefblicke an der Wand hinunter zum Felsfuß lassen sich von komfortablen Standpunkten aus in vollen Zügen genießen.

Tiefblick aus der Via Ferrata Bolver Lugli

Die Schlüsselstelle des Steiges ist eine etwa 10 m hohe vergleichsweise trittarme Stufe nach einem engen Kamin, der mit 2 oder 3 Eisenkrampen eingeleitet wird und nach etwa zwei Drittel der Strecke vor einem liegt. Diese Stufe ist meist mit C, manchmal sogar mit C/D angegeben. Nach meinem Gefühl ist es maximal B/C, da zwei beherzte Züge genügen, sie zu bezwingen.

Schlüsselstelle der Via Ferrata Bolver Lugli

Von der Wand aus ergeben sich auch mit zunehmender Höhe spektakuläre Ausblicke zur Rosetta und der kecken Bergstation der Seilbahn, die ein bisschen von der Gipfelgewalt ahnen lassen, die sich oben auftut.

Blick zur Rosetta

Im oberen Teil der Route zerklüftet die Wand stärker und bildet bizarre Türme und Zinnen, die gequert und teilweise auch überklettert werden, bis oben auf der Schulter das Bivacco Fiamme Gialle sichtbar wird. Vom Ausstieg des Klettersteiges erreicht man es normalerweise unschwierig auf kurzem, felsigem Pfad. In unserem Fall machte matschiger Neuschnee diese und einige der folgenden Passagen zu einer rutschigen Konzentrationsarbeit.

Bivacco Fiamme Gialle

Unsere Rast am Bivacco (Biwak) fiel aufgrund des matschigen Schnees und starkem Wind relativ kurz aus. Der Weiterweg führt wieder Felsen querend zum Passo Travignolo. Von hier aus kann der höchste Gipfel der Pale-Gruppe, die Cima Vezzana auf alpinem Pfad bestiegen werden (mit Rückkehr zum Passo ca. 1,5 Stunden und 270 hm zusätzlich). Die Cima Vezzana kann auch überschritten werden. Auf der Nordseite geht es dann über die Ferrata Gabitta d’Ignoti hinunter in das Val Strutt und von dort in langer Wanderung mit kurzem Sentiero attrezzato zum Rifugio Pedrotti.

Wir wenden uns im Passo Travignolo nach unten ins Val Cantoni. Im oberen Teil muss nahezu ganzjährig mit Eisresten gerechnet werden. In unserem Fall bedeckten ca. 20 cm Neuschnee das Geröll und verwandelten es in eine seifige Rutschbahn, auf der man immerhin weich fiel. Am Ende der ersten Geröllabfahrt weisen sehr deutliche Wegmarkierungen nach rechts, denen man unbedingt folgen muss, da kurz danach das Gelände auf der linken Seite senkrecht abbricht. Der Schnee wurde hier weniger, dafür übernahmen wieder Felsen uns Schofen das Regiment, die sämtlich zumeist ungesichert und durchaus ausgesetzt durchklettert werden müssen. Der Ausblick dieses Abstiegs ist ziemlich spektakulär, hat man doch vor sich die beeindruckende Pale-Hochebene (im speziellen hier die Pian de Cantoni) und die 3075 m hohe Cima Nuovo im Rücken über sich.

Val Cantoni

Am Ausgang des Val de Cantoni geht es nach rechts und dann wieder einige Höhenmeter hinauf in den Passo Bettega (2658 m). Hier bietet sich nun eine längere Rast mit tollen Ausblicken an. Nach Nordosten sieht man hinter den Gipfeln der nordöstlichen Pala die kleinere Pale di San Lucano und sogar die mächtige Wand der Civetta.
Vom Passo geht es ein Stück hinunter, dann verzweigt sich der Weg. Es besteht die Möglichkeit, über Weg 716 mit erneutem kurzem Gegenanstieg zum Rifugio Pedrotti und von dort zur Bergstation der Seilbahn zu wandern. Wir haben uns für den direkten Abstieg zurück zum Col Verde auf nummernlosem Steig entschieden und haben es ein bisschen bereut. Beim nächsten Mal nehmen wir (wie übrigens die meisten Wanderer) den Aufstieg zum Rifugio Pedrotti. Von dort kann man dann, wenn man denn schon absteigen will, auf gut angelegtem Steig hinab wandern.

Unser Abstieg jedoch führt knapp 700 hm direkt hinunter, das meiste davon auf Geröll, ungezählten (auch ausgesetzten) und zumeist ungesicherten Felsstufen, ausgedehnten Schrofenplatten und am Ende über ewige und enge Serpentinen zurück zum Col Verde. Das Ganze ist ziemlich anstrengend, verlangt Konzentration und dauert so lange, dass wir fast die letzte Seilbahn verpasst hätten.
Deren Öffnungszeiten übrigends reichen gerade so für die Begehung der Bolver Lugli auf der regulären Route. Ausflüge wie zur Cima Vezzana sind nur bei ausgesprochen flottem Tempo drin, sonst verpasst man die letzte Bahn und muss nochmals knapp 600 hm absteigen. Wer also die Runde erweitern und gar die Vezzana überschreiten will, sollte auf jeden Fall am Rifugio Pedrotti übernachten.

Abstieg Bolver-Lugli

Die Ferrata Bolver Lugli bietet einen bemerkenswert vertikalen Aufstieg bei ausgesprochen moderaten Kletterschwierigkeiten. Auch die Länge des Klettersteiges lohnt sich. Berücksichtigen sollte man, dass der Steig über die 3000m-Make führt, der Abstieg damit hochalpin ist und je nach Bedingungen (Schnee oder Restschnee) auch heikel sein kann. Und: Wer etwas zu spät startet oder sich zu sehr von der einzigartigen Szenerie fesseln lässt, verpasst die letzte Bahn nach unten.

Der Süden: Der Cimerlo über den Sentiero del Cacciatore und die Ferrata Dino Buzzati

Der Cimerlo (2505 m) ist ein toller Aussichtsgipfel im Süden der zentralen Palegruppe in unmittelbarer Nachbarschaft der Zwillinge Cima della Madonna und Sass Maor. Seine Überschreitung ist eine klassische Gipfeltour über 2 mittelschwere Klettersteige und klassischen angenehmen und unangenehmen Dolomitenpassagen. Hier wird der Aufstieg über den Sentiero del Cacciatore und der Abstieg über die Ferrata Dino Buzzati beschrieben. Prinzipiell lässt sich die Überschreitung jedoch auch anders herum durchführen. Sie beginnt und endet in jedem Fall am Cant del Gal (1180 m) im Val Canali, das auf einer schmalen Fahrstraße von Fiera di Primiero erreicht wird.
Die Tour umfasst knapp 10 km Streckenlänge bei gut 1300 hm im Auf- und Abstieg. Die gesicherten Passagen sind dabei leicht bis mittelschwer (die Sicherungen sind neu und sehr gut). Die Tour umfasst jedoch auch ausgesetztes Gehgelände auf sehr schmalen Steigen sowie im Abstieg steiles, unwegsames Geröll und steile Waldwege. Insgesamt sollte man dafür 8 relativ anstrengende Stunden einplanen.

Gesamtstrecke: 10308 m
Maximale Höhe: 2405 m
Minimale Höhe: 1336 m
Gesamtanstieg: 1394 m
Gesamtabstieg: -1397 m

Die Tour beginnt einfach am Cant del Gal auf einem schönen Wanderweg 709 in Richtung des Rif. Pradidali. Zunächst steigen wir gute 400 hm durch das Val Pradidali auf. Bei etwa 1640 hm zweigt links der Weg 742 ab, der zum Einstieg unterhalb des Sass Maor führt.

Val Pradidali

Den Einstieg bildet eine kurze Drahtseilpassage die in eine relativ frische Bergsturz-Zone führt, die auf neu markiertem Weg gequert werden muss, bevor es wieder in grünes, latschenbewachsenes Gelände führt. Der Bergsturz stammt aus dem Jahr 2015, der Steig war danach auch einige Zeit gesperrt, bis der Sturz sich wider gesetzt hatte. Ich selbst bin immer bestrebt, solche Passagen schnell hinter mich zu bringen.

Einstieg Cacciatore

Der Sentiero del Cacciatore für zunächst über sehr schmale und ausgesetzte Pfade, durchbrochen von einigen gesicherten Passagen, nach oben. Auf den Pfaden ist Trittsicherheit gefragt, stolpern (auch über Wurzeln von Latschen) sollte besser nicht passieren.

Sentiero del Cacciatore Verlauf

Die Schlüsselstelle des Steiges ist eine steile, mit Klammern gut gesicherte Stufe (max. B).

Schlüsselstelle des Sentiero del Cacciatore

Es folgt ein schöner felsiger Kessel, von dem aus man schmalen Aufstiegsweg gut einsehen kann.

Verlauf des Sentiero del Cacciatore

Danach werden die Sicherungen zunächst weniger und die Steilheit des Geländes nimmt zu: enge, grasbewachsene Serpentinen führen steil nach oben. Später folgen ungesicherte und steile Schrofen, anstrengend bis auf eine Schulter unter dem Cima Stanga führen. Hier geht rechts der Weg 742 zum RIf. Velo weiter. Wir halten uns links und überschreiten einen schmalen Grat unter den Gipfelaufbau des Cimerlo. Eine kurze, mittelschwere Ferrata (Klettersteig) führt durch einen kleinen Kamin und mit einigen Klammern gesichert kurz unterhalb des Gipfels des Cimerlo.

finaler Gipfelklettersteig auf den Cimerlo

Der Ausblick vom Gipfel trifft in nächster Nähe Cima della Madonna und Sass Maor, schweift hinüber ins obere Val Pradidali und zur Cima Canali. Weiter nach Osten geht der Blick zur Cima di Lastei und in die östliche Pale zur Croda Grande, sowie auf die andere Seite des Valle di Canali mit dem Cima d’Oltro als höchstem Gipfel. Die Rundschau könnte noch lange so weiter gehen, aber es warten gut 1300 hm Abstieg auf den Wanderer, der jetzt schon ein wenig müde Füße hat.

Dieser Abstieg beginnt zunächst gemächlich auf dem oben grünen Rücken des Cimerlo auf begrastem Schotter, der kurzzeitig ein bisschen steiler wird und dann zu einer Kante führt, an der die Via Ferrata Dino Buzzati beginnt. Man blickt zunächst in ein düsteres Loch, das in einen Kamin führt, durch den der Klettersteig vor seiner Neutrassierung führte und ist froh, hier nicht mehr hinunter zu müssen. Die Neutrassierung ist sonnig und ausgesprochen luftig: an senkrechten und leicht abdrängenden Klammern geht es eine steile Stufe ca. 50 hm hinunter (C-B/C), der Blick vom Einstieg hinunter macht die Knie kurz weicher, es geht aber dank der engen Klammern und neuen Sicherungen sehr gut.

Einstieg der Via Ferrata Dino Buzzati

Im Anschluss folgen einige ausgesetzte Ecken und steile Stufen abwärts (B), bei denen immer wieder Klammern zum Einsatz kommen. Zwischen den Stufen befindet sich gerölliges Gehgelände, im weiteren Verlauf werden die gesicherten Stellen einfacher (A/B).

Abstieg Via Ferrata Buzzati

So geht es schön geraume Zeit abwärts, wobei in diesem Gelände immer darauf geachtet werden muss, keine Steine los zu treten. Da hilft es, dass diese Tour aufgrund ihrer Länge und Beschwernis nicht allzu stark frequentiert ist. Besonders die letzte Stufe vor dem Ende der Sicherungen beginnt ausgesprochen bröselig bildet in der Folge den steilen Abschluss des Steiges (nochmals kurz B).

Ausstieg Via Ferrata Dino Buzzati

Wegen der losen Steine sollte man hier einzeln hinunter klettern.
Der Klettersteig bringt uns auf gut 2100 hm und ab hier beginnt unvermeidlich das, was viele Dolomitensteige ätzend macht: gut 500 hm Geröllabstieg. Nach der roten Tafel geht es steil, rutschig und wirklich sehr anstrengend über loses uns schier endlos erscheinendes Geröll über mehrere Halden hintereinander hinunter.

Geröll Abstieg

Nach jeder Biegung hofft man, dass es besser wird, aber es geht genauso weiter und die Baumwipfel wollen und wollen nicht näher kommen. Zum Abfahren ist der Untergrund nicht homogen genug, immer wieder mit kleinen Stufen durchsetzt, und genau dazu angetan, die Stimmung zu heben. Endlich kommen die Baumwipfel näher und das Geröll geht in einen steilen, schmalen und grasigen Waldweg über. Auch dieser Weg geht arg in die Knie und aufgrund schlecht sichtbarer Löcher im Weg und rutschiger Grasauflage ist der eine oder andere Hosenboden-Setzer unvermeidlich, zumal einem die Länge der Tour langsam auch in den Knochen steckt.
Schließlich geht der Weg in gemütliche Almwege über. Hier muss man dann nur noch darauf achten, dass man die richtige Abzweigung zurück zum Cant del Gal erwischt und nicht versehentlich Richtung Calet Piereni hinunterläuft.

Überschreitung des Cimerlo

Die Überschreitung des Cimerlo ist zweifellos eine interessante und spannende Tour, aber sie ist eben auch sehr anstrengend, egal, wie herum man es angeht. Besonders das ewige Geröll auf der Dino-Buzzati-Seite ist kraftraubend und nervig. Dabei kommt es auf die persönlichen Vorlieben an, ob man Geröll lieber im Aufstieg bezwingt oder hinunter rutschen möchte. Danach sollte man die Gehrichtung entscheiden. Wenn man die Tour genießen will, sollte man auf jeden Fall frisch und ausgeschlafen sein.

Bildergalerie von der gesamten Tour in der Palagruppe


Autor: Jürgen Staiger

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