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Stubaital
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DAV Hütten – vor und hinter den Kulissen am Beispiel der Gufferthütte

Gufferthütte

Es gibt jede Menge von ihnen, meist in traumhaft schöner Landschaft, die Hütten des Deutschen Alpenvereins. Der größte Teil von ihnen befindet sich übrigens nicht auf deutschem Boden sondern in Österreich. Viele nutzen sie, wenige wissen über sie Bescheid

Gufferthütte
Gufferthütte

Ich war im Auftrag von via-ferrata.de zwei Tage mit dem DAV zusammen mit mehreren Redakteuren (angestellt und frei) unterwegs, habe viel aber nicht nur über Alpenvereinshütten erfahren und durfte einen Blick hinter die Kulissen werfen. Ich lernte mit Petra und Thomas Meyer ein sehr sympathisches Hüttenpaar auf der Gufferthütte kennen und bekam vom DAV 10 Tipps für ein perfektes Hüttenerlebnis. Auch das leibliche Wohl, der Spaß und das Naturerlebnis kamen dabei nicht zu kurz.

Das Programm auf die Schnelle:

  • Dienstag vormittag Anreise, Treffpunkt am Wanderparkplatz für die Gufferthütte im Tal. Ich bin von München mit dem DAV-Shuttle gefahren. 🙂 – Aufteilung in zwei Gruppen, Mountainbiker und Wanderer (da war ich dabei) und Wanderung bzw. Fahrt zur Hütte – Brotzeit und anschließend Hüttenbesichtigung – Abendessen und weitere Informationen über Hütten und den DAV Summit Club untermalt von drei jungen Burschen mit echter Tiroler Musik
  • Mittwoch früh 5:30 Uhr Besteigung der Halserspitz und anschließend um 8:00 Uhr Frühstück auf der Hütte – Wanderung zu etruskischen Inschriften mit Infos über das Wegenetz und die Kategorisierung – Mittagspause auf der Hütte und Wanderung ins Tal – Rückfahrt nach München mit beeindruckender Präsentation der nassen Naturgewalten.

Sicher waren viele von Euch schon auf Hütten, sei es nur zur Pause während einer anstrengenden Bergwanderung, vielleicht aber auch zur Übernachtung als Startpunkt für eine Gipfeltour. Aber die wenigsten wissen vielleicht welche Arbeit und Kosten dahinter stecken. Ich habe daher nachstehend mal ein paar Informationen und Fakten für Euch zusammen gestellt.

Die 325 Alpenvereinshütten (267 in den Alpen) des DAV stellen 20.000 Schlafplätze zur Verfügung. Das ergibt im Jahr gut 600.000 Übernachtungen in den unterschiedlich kategorisierten Hütten. Welche Kategorien gibt es eigentlich?

Kategorie III mechanisch erreichbar, meistens nur für Tagesbesucher, kaum Übernachtungsmöglichkeiten derzeit nur zwei, die Höllentaleingangshütte der Sektion Garmisch-P. und das Höhlengasthaus Lamprechtsofen der Sektion Passau

Kategorie II Stützpunkthütte in stark frequentierten Gebieten, mit Aufstiegshilfe und/oder PKW erreichbar, meist ganzjährig bewirtschaftet, also für Familienurlaube im Sommer und Skiurlaub gleichermaßen geeignet bspw. die Erfurter Hütte im Rofan der Sektion Ettlingen bei Karlsruhe

Kategorie I Schutzhütte mit ursprünglichem Charakter als Stützpunkt für Bergsteiger und Bergwanderer, in der Regel mindestens eine Gehstunde entfernt, Ausstattung und Verpflegung oft einfacher, nicht immer bewirtschaftet Die besuchte Gufferthütte gehört zu dieser Kategorie.

Mehr zu den Kategorien findet Ihr auf der Seite des DAV: www.alpenverein.de

Dass sich Kategorie I Hütten aber trotzdem auch kulinarisch und für Familien empfehlen beweist die Guffert Hütte eindrucksvoll mit ihrer Teilnahme an den DAV Kampagnen ‘So schmecken die Berge’ und ‘Mit Kindern auf Hütten’.

So müssen für das Gutesioegel ‘So schmecken die Berge’ mind. 25% der angebotenen Speisen und Getränke, bei Bier sogar 50%, aus der Region kommen. Dank des guten Kochs der Gufferthütte konnten wir das am eigenen Leib erfahren. Welche Hütten daran teilnehmen findet Ihr hier: www.alpenverein.de

Für die familienfreundlichen Hütten setzt der DAV ebenfalls bestimmte Qualitätsrichtlinien an. Neben einem generellen Rauchverbot werden die Kinder auch beim Speisenangebot berücksichtigt und in der Preisgestaltung bei der Übernachtung. Die nahe Umgebung der Hütte muss weitgehend ungefährlich sein und weist vielfältige interessante Spielmöglichkeiten wie Bäche oder kleine Wälder auf. Aber das allerwichtigste ist ein kinderfreundliches Hüttenteam, und das habt Ihr auf der Gufferthütte ganz sicher.

Auch hier hält der DAV umfangreiche Informationen mit den teilnehmenden Hütten bereit: http://www.alpenverein.de/bergsport/familie/huette-familienfreundlich-familienhuetten-kinderhuetten_aid_10484.html. Die dort verlinkte Broschüre ist übrigens die meist gefragte beim DAV, bis zu 20.000 Mal im Jahr!
Besonders zu erwähnen bei diesen Kampagnen ist übrigens die enge Zusammenarbeit mit dem ÖAV, der an diesem Programm ebenfalls teilnimmt und es gemeinsam mit dem DAV ausgearbeitet hat.

Das besondere an den Kategorie I Hütten ist übrigens auch die meist fehlende Anbindung an das Stromnetz oder die für uns ganz selbstverständliche Wasserver- und -entsorgung. Diese Hütten sind in der Regel autark und müssen einen großen Aufwand betreiben um die Strom- und Wasserversorgung sicherzustellen. So war ich positiv überrascht als uns Thomas Meyer die gesamte umfangreiche und moderne Technik der Gufferthütte vorstellte.

Das fing mit der Wasseraufbereitungsanlage an. Vierfach wird das Wasser gefiltert, von einem Grobfilter über einen Fein- und Ultrafeinfilter bis hin zum UV-Filter. Natürlich muss das Wasser nach der Nutzung gereinigt werden bevor es zurück in die Natur gelangt. Hierfür sorgt eine komplette Kläranlage im Haus. Das Wasser ist nicht frei von Keimen, aber es ist frei von umweltbelastenden Hydraten. Ach ja, von der Kläranlage hat man weder etwas gesehen noch gerochen.

Die Küche unterscheidet sich nicht von denen der Gastronomie im Tal. Jede Menge Herde, eine Industriegeschirrspülmaschine und sogar einen großen Dampfgarer (Konvektomat) findet man. Das ist aber auch notwendig um die maximal 57 Übernachtungs- und zahlreichen Tagesgäste schnell versorgen zu können.

Die viele Technik muss natürlich auch mit Energie versorgt werden, eine Stromleitung gibt es aber nicht. Trotzdem muss hier keiner im Dunkeln oder im Kalten sitzen. Den notwendigen Strom liefert zum einen die Photovoltaikanlage mit 4 KW und 24 Zellen à 3,5 Ah (Gewicht insges. 6 to). Scheint mal längere Zeit nicht die Sonne reicht der Strom in den Akkus für 2 Tage.

Ein weiterer Stromlieferant ist das Blockheizkraftwerk, welches neben Strom auch warmes Wasser produziert. Der erreichte Wirkungsgrad von 80-90% ist vorbildlich. Das Blockheizkraftwerk und die Herde werden mit Gas aus einem 4.000 Liter Tank versorgt. Reißen alle Stricke gibt es immer noch ein Notstromaggregat und einen Holzofen. Jede Menge Technik die es zu verstehen und bedienen gilt. Das verlangt vom Hütten-Team eine Menge Know-How und handwerkliches Geschick. So sind die Anforderungen an den Hüttenwirt deutlich höher als vergleichsweise an den Wirt im Tal. Überhaupt stellt sich die Frage nach Gewinn, Arbeitspensum und Hüttenromantik.

Thomas Meyer, im zweiten Leben Arzt und Inhaber einer Firma mit 35 Mitarbeitern, seine Frau leitet eine Entwicklungsabteilung bei Microsoft: ‘Reich wirst Du als Hüttenwirt sicher nicht, am Wochenende und in den Ferien beginnt der Arbeitstag um 6:00 Uhr und endet meist erst um 1:00 Uhr nachts. Aber die Liebe zur Natur und den Bergen und der Spaß an den Gästen reißen das wieder heraus. Trotzdem brauchst Du als Hüttenwirt einen zweiten Job, den Du außerhalb der Saison (meist von Mai bis September) ausüben kannst.’ Thomas Meyer muss aber schon auch mal während der Saison für einen Vormittag in seine Firma um nach dem Rechten zu sehen, seine Frau Petra ist in der Regel nur an den Wochenenden und im Urlaub da.

Einige Werte haben mich besonders beeindruckt. Je nach Lage der Hütte und logistischem Aufwand kann ein Toilettengang bis zu 6,- € kosten, und teilweise fallen allein 2.000,- € reine Transportkosten pro Saison an. Betrachtet man unter diesen Aspekten einmal die Preise auf den Hütten, sind diese plötzlich nicht mehr so teurer. Und noch etwas, der Wirt verdient nur an den Speisen und Getränken. Die Einnahmen für die Übernachtungen gehen an die Sektionen, welche aber auch die Hütten (mit Unterstützung des DAV) instandhalten müssen.

Da wir gerade bei den Sektionen sind. Die kümmern sich auch um die Wege rund um die Hütten, und zwar ehrenamtlich. Pro km sind das zwei Stunden Arbeit im Jahr, also eine ganze Menge. Die Klassifizierung richtet sich nach den Richtlinien des DAV. Man unterteilt die Wege, ähnlich den Skipisten, in blau, rot, schwarz und alpine Routen. Weitere Infos und Download findet Ihr hier: http://www.alpenverein.de/chameleon/outbox/public/72d0f25f-1a1b-e871-d366-e881237d6ac8/BergwanderCard_2012_16235.pdf

Bleiben noch die 10 Tricks für einen perfekten Hüttenaufenthalt:

  1. Die Wahl der richtigen Hütte entscheidet bereits über den Erfolg des Hüttenwochenendes. Auf www.dav-huettensuche.de habt Ihr deshalb die Möglichkeit Dank umfangreicher Suchkriterien Euere Wunschhütte auszusuchen.
  2. Unbedingt reservieren, um den Wirten die Planung zu erleichtern und Euch besonders während der Saison (Skitouren: Feb-Mai und Sommer: Juli-August) eine bequeme Unterkunft zu bescheren. Hier bitte auch immer rechtzeitig absagen, falls Ihr nicht kommen könnt!
  3. Die richtige Hüttenausrüstung wie Hüttenschlafsack, Stirnlampe, Ohrstöpsel, Handtuch, etc. Wegen Hunden und Hüttenschuhe bitte immer vorher auf der Hütte fragen.
  4. Ganz wichtig: Zuerst beim Hüttenwirt anmelden wegen Infos zu den Essenszeiten und für die Schlafplatz-Zuweisung
  5. Essen und Trinken, reicht von einfacher Kost bis hin zu außergewöhnlichen Speisen für Feinschmecker. Hier hilft auch das Siegel ‘So schmecken die Berge’.
  6. Tief durchatmen, Kraft tanken, die Seele baumeln lassen. Auf Hütten herrscht eine besondere Atmosphäre.
  7. Wenn mal was nicht klappt oder es zu Missverständnissen kommt, redet mit dem Hüttenwirt. Er ist für Euch da. Manchmal muss auch einfach improvisiert werden.
  8. Nachtruhe ist meistens um 22:00 Uhr. Das ist auch gut so. Oft herrscht in der Früh auch Hektik. Je nach Hütte und Ziel des nächsten Tages muss man auch mal um 3.30 Uhr aufstehen.
  9. Die Frühstückszeit ist abhängig von den Tourenmöglichkeiten im Hüttenumfeld. Zwei Dinge sind noch wichtig: Tragt Euch ins Hüttenbuch mit Euerem nächsten Ziel ein. Das erleichtert der Bergwacht im Fall eines Unglücks die Suche. Und bezahlt am besten schon am Abend vor dem Verlassen der Hütte alle noch offenen Posten. Das vermeidet unnötige Wartezeiten am Morgen.
  10. Nach der Tour ist vor der Tour. Unter www.huettentest.de könnt Ihr Euere positiven Erfahrungen, aber auch Kritik kundtun. Das kann von allen eingesehen werden, wird aber auch vom DAV ausgewertet und weiter gegeben. So profitieren alle davon. Zu guter Letzt noch der Tipp sich auf www.alpine-auskunft.de vor Beginn der Tour über die aktuellen Tourbedingungen zu informieren, aber auch die selbst erlebten Tourbedingungen einzutragen.

Fazit: Es waren zwei tolle Tage und für mich unheimlich lehrreich. Ich habe jede Menge nette Leute kennen gelernt, angefangen vom Hütten-Team, den Mitarbeitern des DAV und des DAV Summit Club bis hin zu allen Teilnehmern an dieser Veranstaltung. Das leibliche Wohl kaum genauso wenig zu kurz wie der Spaß und das Erlebnis um kurz vor 7:00 Uhr in der früh auf einem Gipfel mit einer tollen Aussicht zu stehen.
Das war Genuss pur. Jederzeit gerne wieder

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