ANZEIGE

neue Klettersteigset Norm EN 958 – Interview mit PETZL

Petzl_Hugo-Pedelvia_1500x500

Anfang Mai ist die neue Norm für Klettersteigsets in Kraft getreten, die zu Beginn viele Fragen in der Klettersteig Community aufgeworfen hatte. Wir hatten daher im Mai über unsere Facebook Seite ein paar der “dringendsten Nachfragen” von euch gesammelt und diese direkt PETZL, einem der führenden Hersteller von Klettersteigsets, gestellt:

ANZEIGE


1) Nachdem die neue Klettersteigset Norm EN 958 ja den Bereich von 40-120kg abdeckt – was müssen Kinder und Personen jenseits dieser Grenzen beachten und wie können diese Personen sich hinreichend sichern?

Unterwegs im Klettersteig - Bild: Hugo Pedelvia
Unterwegs im Klettersteig – Bild: Hugo Pedelvia

Kinder sollten weiterhin am Klettersteig mit einem Seil nachgesichert werden. Entscheidend für diese Methode ist nicht nur das Gewicht, das benötigt wird um den Bandfalldämpfer auszulösen. Oft vergessen wir, dass Kinder in ihren kognitiven und motorischen Fähigkeiten nicht dem Leistungsstand eines Erwachsenen entsprechen. Die zuständigen Gehirnareale sind schlicht noch nicht fertig ausgebildet und so kann ein Kind, auch wenn es gerne und viel in den Bergen ist, in einer Stresssituation schnell überfordert und sowohl motorisch als auch geistig nicht mehr reaktionsfähig sein.

Aus diesem Grund empfehlen wir von Petzl Kinder unter 40kg am Klettersteig immer mit Seil nachzusichern.  Bei Kindern über 40kg sollten die Faktoren Alter, Erfahrung und motorisches Können in Betracht gezogen werden um zu entscheiden, ob eine zusätzliche Sicherung per Seil notwendig ist. Genauso ist es uns ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass ein Helm ebenso zur Klettersteigausrüstung gehört wie das Klettersteig Set selbst.

Aus Herstellersicht gibt es bei Personen unter 40kg oder über 120kg (inklusive Ausrüstung) leider keinen Spielraum. Für sie sind auch die Klettersteig Sets nach neuer Norm ungeeignet und es muss weiterhin eine andere Sicherungsmethode gewählt werden.

2) Wird es auch von PETZL speziell ein Klettersteig Set für Kinder geben?

 

Aus den oben beschriebenen Gründen wird Petzl kein Set für Kinder auf den Markt bringen. Die Karabiner des PETZL SCORPIO VERTIGO sind allerdings auch mit kleinen Händen einfach und komfortabel zu bedienen. Es ist außerdem das leichteste Set auf dem Markt und die Äste sind schön kompakt und bilden somit keine Stolperfalle.

3) Wenn ich mir jetzt ein neues Klettersteig Set kaufe, das der neuen Norm entspricht, wie lange darf/kann ich es verwenden bis ich es aussortieren sollte?

 

Grundsätzlich empfiehlt es sich nach dem Kauf die Bedienungsanleitung des Herstellers zu lesen. Dort finden sich wichtige Hinweise zur Lebensdauer des jeweiligen Klettersteig Sets und auch eine Anleitung zur Überprüfung des Materials. Die maximale Lebensdauer von Textilien bei Petzl beträgt 10 Jahre. Je nach Nutzung und Lagerung kann sich diese Zeitspanne drastisch verkürzen. Es ist vollkommen normal, dass Textilien, besonders unter UV-Strahlung, mit der Zeit spröde werden. Wie schnell dieser Vorgang passiert hängt von Benutzungsintensität und Lagerung ab.

Es ist wichtig die persönliche Ausrüstung regelmäßig zu prüfen!

Auch das geliehene Set vom Nachbarn darf vor Benutzung ruhig kritisch beäugt werden. Leiht man bei einem professionellen Verleih, wird  diese Überprüfung vom dortigen Personal übernommen.

Keinen Spielraum gibt es, wenn ein Klettersteig Set bereits einen Sturz abfangen musste. Dann gehört es aussortiert. Da macht die neue Norm keinen Unterschied zur alten …

4) Wenn ich noch ein altes Klettersteig Set habe, das noch nicht der neuen Norm entspricht, was sollte ich beachten? Muss ich sofort ein neues Set aus sicherheitstechnischen Gründen kaufen?

 

Wichtig ist, zu checken, ob das Körpergewicht inkl. persönlicher Ausrüstung in der Gewichtsspanne liegt, für die das Set zugelassen ist. Nicht der Fall?  Dann weg damit! Bin ich schon einmal in den Bandfalldämpfer gestürzt? Dann weg damit! Habe ich das Set laut Herstellerangaben auf Verschleiß geprüft und kritische Stellen entdeckt? Dann weg damit!

Ist das Set noch in Ordnung und auf mein Gewicht zugelassen, kann ich es bedenkenlos weiter verwenden! Schließlich ist es nach einer Norm geprüft. Ein neues Set muss erst angeschafft werden, wenn eine der oben genannten Kriterien nicht erfüllt ist. Solange Klettersteigbremsen beider Normen im Handel erhältlich sind (noch bis 2019), empfiehlt sich wie immer eine Beratung vom Fachverkäufer um die optimale Lösung für den individuellen Bedarf zu finden.

5) Nachdem ja nun mit der neuen Norm die Bremslänge von 120cm auf 220 cm erhöht wurde, kann es ja passieren, dass man (als kraftloser Anfänger) bei einem Sturz und einer Auslösung ziemlich weit unterm Drahtseil baumelt und man mit den Händen nicht mehr ans Drahtseil (alleine) kommt. Wie ist bei so einer Situation zu verfahren?

Das ist natürlich eine Situation, die man möglichst vermeiden sollte. Dazu gehört z.B. eine ehrliche Selbsteinschätzung und eine dem Können angepasste Routenwahl. Als Anfänger sollte ich mich nicht alleine auf den Weg machen. Freunde, die bereits erfahren sind oder auch ein Bergführer sind eine Option. Zur Grundausrüstung am Berg gehört auch immer ein 1.Hilfe Set und ein funktionsfähiges Handy…

Natürlich kann das Risiko eines Sturzes nie komplett eliminiert werden. Wenn der Bandfalldämpfer komplett aufgerissen ist, müssen große Kräfte gewirkt haben und das Risiko von Verletzungen ist hoch.

Sollte es zu einem Sturz kommen, bei dem ich das Drahtseil nicht mehr erreichen kann, ist es hilfreich tief durchzuatmen und sich als erstes kurz zu sammeln. Bin ich verletzt? Brauche ich externe Hilfe? Sind andere Klettersteig Geher in meiner Nähe zu denen ich Kontakt aufnehmen kann? Dann um Hilfe bitten. Wichtig dabei für alle die helfen: die eigene Sicherheit geht immer vor! Sollte es nicht möglich sein die gestürzte Person zu erreichen, sollte die Bergrettung verständigt werden. Diese Option sollte auch genutzt werden, wenn ich nicht aus eigener Kraft auf den Steig zurückgelange und keine andere Hilfe in Sicht ist.

Ähnliche Beiträge

Rückmeldungen